© Anton Prock 2013
Heilige Notburga
von Eben am Achensee
Von Wallfahrten in Tirol
Der Grundgedanke einer jeden Wallfahrststätte ist sicher der Glaube, man könne an
bestimmten Orten Gott besonders nahe sein und dort seine Gnade intensiver empfangen.
Das Wort Wallfahrt hängt mit „wallen“
(in eine bestimmte Richtung ziehen, fahren,
unterwegs sein, wogen, kochen, vgl. engl. to walk) zusammen.
Tirol hat zahlreiche Wallfahrtskirchen und -kapellen, die meist an landschaftlich besonders schönen und häufig auch markanten Orten stehen. Zum Großteil handelt es sich um Orte der Marienverehrung. Auskünfte über die Entstehung solcher Wallfahrtsorte geben uns meist Legenden, die von übernatürlichen Ereignissen erzählen, die als göttliche Weisung gedeutet werden. So tragen etwa Vögel Holzspäne, die beim Bau einer Kapelle durch eine Verletzung der Arbeiter blutig geworden sind, an eine andere Stelle - Gott will, dass die Wallfahrtsstätte dort gebaut wird. Das berichtet die Entstehungslegende von St. Georgenberg. Oder ein Gnadenbild wird im Schutt und Geröll gefunden (Maria Trens in Südtirol), auf Bäumen entdeckt (Maria Waldrast, Serfaus) oder an Bäumen angebracht (Höttinger Bild, Locherboden). Untersuchungen haben ergeben, dass Wallfahrtsorte an strahlenmäßig günstigen Stellen entstanden sind, was Erdstrahlen und Wasseradern betrifft.
Einer Wallfahrt liegt meist eine Not zugrunde. Maria
oder eine andere heilige Person
kann die Not abwenden oder lindern. Die Entstehung solcher Wallfahrtsstätten hängt
mit Zeiten von Krieg, Hunger, Missernten, Unwetter, Naturkatastrophen, Krankheit
bei Mensch und Tier, Pest und anderen Seuchen etc. zusammen. Der Mensch sucht Zuflucht.
Die Heiligen, allen voran Maria, vermitteln unsere Gebete und Anliegen zu Gott. An
Wallfahrtsorten gibt es Gebetserhörungen und Heilungen, kurz gesagt Wunder. Diese
wurden weitum bekannt und in den sogenannten Mirakelbüchern niedergeschrieben.
Auch zutiefst persönliche Probleme und Anliegen boten und bieten noch Gegenheit zur Wallfahrt, wozu körperliche und seelische Krankheiten, mitmenschliche Beziehungen, Schwangerschaft, Geburt, Harmonie von Körper, Seele und Geist und vieles mehr gehören. Die Heiligen waren die „Doktoren des Mittelalters“. In Zeiten ungenügender medizinischer Versorge waren die Heiligen oft die einzige Hoffnung.
Heute hat so manche Wallfahrt vielleicht eine andere Bedeutung - Abkehr vom Alltagsstress,
Suche nach dem Sinn des Lebens, Rückbesinnung auf Gott u. a.
Wallfahrten sind nicht nur lebendiger Ausdruck der Volksfrömmigkeit. Sie bedeuteten
auch eine willkommene Abwechslung im Leben der einfachen Menschen auf dem Land. Es
gab für sie ja kaum Gelegenheit, ihre nähere Umgebung zu verlassen. Die Männer konnten
in den Krieg ziehen und - wie auch die Frauen - eine Wallfahrt unternehmen. Neben
der geistigen Erbauung einer Wallfahrt war eine solche auch eine Nachrichtenbörse
und diente meist auch als Heiratsmarkt. „Wenn etwa die Zahl der Geburten zu einer
bestimmten Jahreszeit über Gebühr anstieg, so fragte der Landrichter des Passeiertales
als erstes: <Waren Sie in Maria Trens wallfahren?-<“ (Konrad Spindler, Die „kleinen
Leute“ als Verehrer der hl. Notburga, in: Notburga - Mythos einer modernen Frau,
Reith im Alpbachtal, 2001).
Mit dem Wallfahren sind auch wirtschaftliche Aspekte verbunden: Unterkünfte wie Herbergen, Klöster und Gasthöfe, Geschäfte (Lebensmittel, kleine Erinnerungen, Kerzen, Rosenkränze, Geschenke etc.).
Wichtige Wallfahrtsorte in Tirol sind St. Georgenberg nahe Schwaz, Kaltenbrunn im Kaunertal, Wallfahrtskirche Absam, Locherboden nahe Stams, Mariastein nahe Wörgl, Obermauern bei Virgen in Osttirol, Heiligwasser bei Igls, Stampfanger bei Söll, Notburgakirche in Eben, Maria Klobenstein bei Kössen, Maria Brettfall bei Strass im Zillertal, Wallfahrtskirche zum hl. Antonius von Padua in Rietz u. a.
Gibt es einen Unterschied zwischen den Begriffen Wallfahren und Pilgern? Bei beiden
Begriffen geht es um eine seelische und körperliche Reise zu einem sakralen Ort und
beide Begriffe können wechselseitig verwendet werden. Es gibt jedoch kleine Unterschiede.
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