© Anton Prock 2013

Heilige Notburga
von Eben am Achensee




Der Stuck in der Notburgakirche


Stuck (Decke)Schon beim Betreten der Kirche fällt die für eine Dorfkirche außergewöhnlich reiche Stuckierung auf, ein Werk von Anton und Augustin Gigl aus Wessobrunn in Südbayern. Auf sie geht auch der Stuck am Helblinghaus in Innsbruck zurück. Es rentiert sich wirklich, einige Minuten Zeit für die Betrachtung des Stuckes zu nehmen. Man findet einerseits noch schwere und symmetrische Formen des Barock, andererseits aber schon die leichte und asymmetrische Gestaltung des Rokoko. Besonders mannigfaltig sind die Umrahmungen der Fenster im Chor und die Deckenbilder. Es gibt zahlreiche Formen und dezente Farben zu entdecken: Muschel-, Band- und Gitterwerk, Akanthuslaub, Voluten (schneckenartige Gebilde), zarte Blumengehänge, Fruchtgirlanden, bewegte Rahmen für die Deckenbilder, fein stuckierte Apostelzeichen. Besonders reich gestaltet sind die Verzierungen bei den Wappen der Familien Tannenberg und Starhemberg am Chorbogen. Entstanden ist derStuck zwischen 1736 und 1738.


Stuck allgemein

Stuck (Rollwerk)Stuck ist eine Mischung aus Gips, Sand, Kalk und Wasser, wobei jeder Künstler sei­ne ei­genen Rezepte zur Mischung hatte.

Gips bindet sehr schnell ab, weshalb verschiedeneStuck (Voluten, Akanthus) Verzögerungsmittel ver­wendet werden: Leimwasser, Milch, gegärter Traubensaft, Bier, Wein Zucker.

Die ersten Putzschichten wurden mit verschiedenen Arten von Tierhaaren (Reh- oder Käl­berhaar), mit Hanf, Stroh und Schilf verstärkt, auch Holzstöp­sel, Metallnä­gel, Eisendraht. Zur Stütze wurde eine Holz- oder Metallarmierung in steilem Winkel zur Wand ver­ankert und dann in den Rücken der entsprechenden Figur eingesetzt. Holzstücke von ungefähr 12 mm Stärke hiel­ten Arme und Beine. Finger und kleine Zierstücke setzte man auf Draht oder auf Stücke aus Hanf­seil.

StuckOrnamentformen: Für sich oft wiederholende Formen verwendete man ein spie­gelbildlich geschnitztes Holzmodel. Diese Form seifte man ab oder schmierte sie ein, um das Anhaften des Gipses zu vermeiden. Halbflüssiger Gips wurde in die Form gegossen, die sofort an die Decke kam und dort durch Ab­stützen vom Gerüst aus gehalten wurde, bis der Gips gebunden war. Dann nahm man das Model ab.

"Press-Stuck": Stuckmörtel wurde auf die Wand aufgetragen, dann wurde ein "Pressmodel" aus Hartholz gegen den Stuckmörtel gedrückt, solange er noch weich war. Das kam etwa bei oft wie­derholten Motiven vor: Eierstableisten, Blätter für Girlanden etc.

Geschickte Künstler modellierten den Stuck frei an der Wand.


Wessobrunner StuckStuck (Gitterwerk)

Der meiste Stuck in den Tiroler Kirchen gehört zur Wessobrunner Schule. Die Wessobrunner Stukkateure erhielten ihr Ausbildung in der Benediktinerabtei Wessobrunn in Oberbayern. „Schule“ ist allerdings nicht im Sinne einer festen zunftmäßigen Ordnung mit geregelter Ausbildung zu verstehen. Diese Künstler  - bisher sind mehr als 600 nament­lich bekannt - beeinflussten im 17./18. Jh. die Stuckkunst in Süd­deutschland maßgeblich und dominierten sie teilweise sogar. Die her­ausragendsten Vertreter sind die Gebrüder Zimmermann, die über mehrere Generationen tätigen Schmuzer und die Feuchtmayer. Einige Wessobrunner arbeiteten auch als Baumeister, wie etwa Johann und Joseph Schmuzer oder Dominikus  Zimmermann.

Einige Beispiele von Wessobrunner Stuck in Tirol: Basilika Wilten, Dom zu Innsbruck, Pfarrkirche Götzens, Stiftskirchen in Stams und St. Georgenberg-Fiecht, Pfarrkirche Rattenberg, Helblinghaus Innsbruck, Notburgakirche Eben etc.